RöKo 2021 – Myokardialer ‚Strain’: Wandbewegung automatisiert erfassen

RöKo 2021 – Myokardialer ‚Strain’: Wandbewegung automatisiert erfassen

Für die Myokarditis-Diagnostik hat das Feature Tracking seinen Nutzen schon bewiesen: Es kann endokardiale und epikardiale Konturen markieren und die myokardiale Kontraktilität in unterschiedlichen Herzsegmenten messen.

  • Präsentationstag:
    12.06.2021 2 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Fritz Roller, Universitätsklinikum Gießen
  • Quelle:
    RöKo 2021

Das „Feature Tracking“ ist ein semi-automatisches Verfahren zur Bestimmung der myokardialen Wandbewegung. Die Software arbeitet mit den ohnehin im MRT akquirierten Daten der Cine-SSFP-Sequenzen. Zusätzlicher Aufwand entsteht daher nur durch die Nachbearbeitung: Die Software markiert die endokardialen und epikardialen Konturen und quantifiziert den myokardialen „Strain“ – das heißt die Kontraktilität in unterschiedlichen Achsen und Segmenten des Herzens.

„Die Technik funktioniert für linken und rechten Ventrikel und auch schon für die Vorhöfe“, sagte Fritz Roller, Universitätsklinikum Gießen. Allerdings seien die unterschiedlichen Softwareprodukte derzeit noch teuer.

Kardiale Deformierung als Messwert für die kontraktile Dysfunktion

Die Veränderung der kardialen Bewegung fungiert als ein Parameter für die kontraktile Dysfunktion. Und sie ist darin sensitiver als die links- oder rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion, so Roller. Einige Studien hätten sogar für unterschiedliche kardiale Erkrankungen gezeigt, dass eine Einschränkung des myokardialen Strains früher erkennbar ist als das Nachlassen der Herzfunktion.

Polarkarte zur Strainanalyse
Polarkarte zur Strainanalyse

Die Strainanalyse erfolgt über sogenannte Polarkarten mit 16 Segmenten. Ablesen lässt sich beispielsweise die Information „Longitudinaler Strain verkürzt“. Es gibt auch schon Normwerte für diese Technik (Taylor R et al. 2015); allerdings sind die Ergebnisse der auf dem Markt erhältlichen Softwareprodukte bislang noch nicht miteinander vergleichbar.

Die Technik ist aber gut reproduzierbar und hat dies vor allem für Peak-Messungen des globalen LV-Strains und des globalen zirkumferentiellen Strains unter Beweis gestellt (Björn Schmidt et al. EJR 2017).

Malus: Der gemessene Strain ist abhängig davon, wie die kardiale Kontur eingezeichnet ist. (Amzulescu et al. 2019). „Darum ist es wichtig, Erfahrung mit der jeweiligen Software zu sammeln“, so Roller.

Anwendungen für die Strainanalyse

Luetkens et al. (Röfo 2018) haben die Strainanalyse zur Diagnostik der akuten Myokarditis eingesetzt. Retrospektiv bestimmten sie alle Strainwerte und konnten zeigen, wie diese sich mit Abklingen der Myokarditis wieder normalisierten. „Der Strain zeigt also die Veränderungen sehr gut an“, so Roller.

Er berichtete auch von zwei Studien an der Uniklinik Gießen, die sich derzeit im Reviewprozess befinden: Sie untersuchen den Zusammenhang zwischen myokardialem Strain und Morbus Fabry sowie mit der CTEPH (Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie). „Bei der CTEPH korreliert die Strainanalyse gut mit den invasiven Parametern und der parametrischen Bildgebung“, berichtete Roller.

Ausblick: Aktuell eher wissenschaftlich genutzt

Am umfangreichsten seien die Erfahrungen mit dem Feature Tracking zur Strainanalyse bislang für die Myokarditis. „Bisher ist der Stellenwert der Strainanalyse eher wissenschaftlich“, sagte Roller, aber die Methode könnte auch Eingang in die Klinik finden, denn sie habe diagnostisches Potenzial. Und es sei möglich, dass sie im nächsten Update der Lake-Louise-Kriterien stärkere Berücksichtigung findet.

Visuelle Beurteilung nicht vergessen

Natürlich könne man parallel zum Feature Tracking eine visuelle Beurteilung der Kontraktilitätsänderungen mit in den Befund einfließen lassen, um möglichst schnell schon eine Aussage zu machen, sagte Roller.
Moderator Matthias Gutberlet, Leipzig, ergänzte, dass man immer zuerst einen Blick auf die Bilder werfen solle, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dass die Lake-Louise-Kriterien 3.0 den Strain stärker berücksichtigen würden, sei zu erwarten. Bei hoher Sensitivität sei dessen Spezifität aber nicht besonders hoch, „und ich glaube auch nicht, dass sich das ändern wird“, so Gutberlet. Die Differentialdiagnostik werde man alleine mit dem Strain nicht hinbekommen.

 

Referenzen

Amzulescu MS et al. Myocardial strain imaging: review of general principles, validation, and sources of discrepancies. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2019;20(6):605-619.

Luetkens et al. Left and right ventricular strain in the course of acute myocarditis: a cardiovascular magnetic resonance study. Röfo 2018;190(8):722-732.

Schmidt B et al. Intra- and inter-observer reproducibility of global and regional magnetic resonance feature tracking derived strain parameters of the left and right ventricle. Eur J Radiol 2017;89:97-105.

Taylor RJ et al. Myocardial strain measurement with feature-tracking cardiovascular magnetic resonance: normal values. Eur Heart J – Cardiovasc Imaging 2015;16(8):871-81.

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