RöKo 2023 – Offene Fragestellungen für die Herz-CT

RöKo 2023 – Offene Fragestellungen für die Herz-CT

Die klassische KHK-Risikoerfassung ist unzureichend. Neue Biomarker sind in der Entwicklung, aber noch nicht Teil der Risikostratifizierung.

  • Präsentationstag:
    17.05.2023 0 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Borek Foldyna, Harvard Medical School
  • Quelle:
    RöKo 2023

Obstruktive KHK – Klassische Risikofaktoren nicht genug

Der Großteil der Forschung zur kardialen CT dreht sich um die obstruktive KHK, so Borek Folding, Harvard Medical School. Folgende große randomisierte multizentrische Studien haben sich in jüngster Zeit damit beschäftigt:

  • SCOT-HEART – Die koronare CT-Angiographie (cCTA) plus Standardbehandlung zeigte eine geringere Mortalität als die alleinige Standardbehandlung ohne koronare CT.
  • DISCHARGE – Im Vergleich zur Koronar-Angiographie sind die Event-Raten bei einer cCTA-basierten Strategie vergleichbar, allerdings treten nach der cCTA im Krankheitsverlauf weniger Komplikationen auf.

„Vor allem beim Ausschluss der KHK ist die koronare CTA mit nahezu 100 Prozent sehr gut“, sagte Foldyna. Bei symptomatischen Patient:innen gilt die cCTA aktuell als Methode der Wahl. Das bilden auch die Leitlinien aus Großbritannien (NICE 2016), der EU (ESC 2019) und den USA (AHA/ACC 2021) ab.

Zunehmend finden sich aber bei KHK-Patient:innen Symptome, die bislang als untypisch angesehen werden. Hier gilt es künftig noch präziser abzugrenzen, wer von einer cCTA profitieren würde.

„Nur die klassischen Risikofaktoren zu erfassen reicht nicht aus“, unterstrich Foldyna. Als weitere zu erforschende Einflussfaktoren nannte er inflammatorische Prozesse, genetische Risiken und Umweltfaktoren.

Nicht-obstruktive KHK – Vulnerable Plaques identifizieren

Die SCOT-HEART- und die PROMISE-Studie zeigen einen hohen Anteil von Patient:innen mit nicht-obstruktiver KHK. Aber nur 14% der Patient:innen mit Hochrisikoplaques erleiden im späteren Verlauf einen Herzinfarkt. Der Grund: Die Plaques entwickeln sich sehr unterschiedlich. Die Plaque-Zusammensetzung ist deswegen ein wichtiges Thema für künftige Forschung.

„Um die vulnerablen Plaques zu identifizieren, brauchen wir weitere Biomarker“, so Foldyna. Exemplarisch zitierte er einige aktuelle Forschungsergebnisse aus diesem Bereich:

  • Bei Patient:innen mit stabilem Thoraxschmerz erweist sich die Belastung mit Low-Attenuation-Plaques als stärkster Prädiktor für einen tödlichen oder nicht-tödlichen Myokardinfarkt (Williams 2020).
  • Low-Attenuation-Plaques sind in den infarktverursachenden Läsionen (culprit lesions) erhöht. Ein hoher Volumenanteil von Bereichen mit mehr als 1000 Hounsfield-Einheiten (1K Plaques) in Plaques ist mit einem geringeren Risiko für ein akutes Koronarsyndrom assoziiert (van Rosendael 2020).
  • Die Zunahme der Plaque-Belastung mittels serieller CT darzustellen hat einen prognostischen Wert (Lee 2018).

„Noch gibt es kaum Studien, die die Pathophysiologie der KHK mit quantitativen Ansätzen untersuchen“, so Foldyna. Es fehlt an Reproduzierbarkeit und Genauigkeit. Eine höhere räumliche Auflösung für eine bessere Plaque-Charakterisierung verspricht die Photon-Counting-CT. Für sie fehlen allerdings bislang noch die Standards; so existieren zum Beispiel noch keine Grenzwerte für die Dichte einzelner Plaque-Komponenten.

Primärprävention – Subgruppen in den Blick nehmen

Zur Bedeutung der cCT für die Primärprävention gibt es bislang keine großen randomisierten Studien. Ein Mangel besteht unter anderem an Forschung

  • zur Darstellung der Therapieeffekte auf eine perikoronare Inflammation
  • zur klinischen Bedeutung von perikoronarem Fettgewebe (PCAT) – außer Dichte und Volumen ist dies kaum erforscht.
  • zu Subgruppen, die von bestimmten Maßnahmen besonders profitieren könnten – etwa Patient:innen mit chronischer Inflammation, HIV-Infizierten oder Raucher:innen.

Fazit

Die klassische KHK-Risikoerfassung ist unzureichend. Neue Biomarker sind in der Entwicklung, aber noch nicht Teil der Risikostratifizierung.

Referenzen

DISCHARGE Trial Group et al. CT or Invasive Coronary Angiography in Stable Chest Pain. N Engl J Med 2022;386:1591-1602.

Ghoshhajra BB et al. Coronary Atheroma Regression From Infusions of Autologous Selectively Delipidated Preβ-HDL-Enriched Plasma in Homozygous Familial Hypercholesterolemia. J Am Coll Cardiol. 2020 Dec 22;76(25):3062-3064.

Lee SE et al. Quantification of Coronary Atherosclerosis in the Assessment of Coronary Artery Disease. Circ Cardiovasc Imaging. 2018 Jul;11(7):e007562.

Newby et al. Coronary CT Angiography and 5-Year Risk of Myocardial Infarction. N Engl J Med 2018;379(10):924-33.

van Rosendael AR et al. Association of High-Density Calcified 1K Plaque With Risk of Acute Coronary Syndrome. JAMA Cardiol. 2020;5(3):282–290.

Williams MC et al. Low-Attenuation Noncalcified Plaque on Coronary Computed Tomography Angiography Predicts Myocardial Infarction: Results From the Multicenter SCOT-HEART Trial (Scottish Computed Tomography of the HEART). Circulation. 2020 May 5;141(18):1452-1462.

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