RöKo 2023 – Zukunft der Radiologie: Automatisierter, integrativer, kommunikativer

RöKo 2023 – Zukunft der Radiologie: Automatisierter, integrativer, kommunikativer

„Wir sind an einem Punkt, wo wir große Umbrüche in unserem Arbeitsalltag erwarten“, sagte Konstantin Nikolaou, Universität Lübeck. Was das aber für die künftige Rolle der Radiologie innerhalb der Medizin bedeutet, darüber bestehen unterschiedliche Vorstellungen. Das zeigte eine Diskussion beim RöKo 2023 in Wiesbaden.

  • Präsentationstag:
    17.05.2023 0 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Konstantin Nikolaou, Universität Lübeck; Thekla Oechtering, Uniklinikum Schleswig-Holstein; Daniel Pinto dos Santos, Uniklinikum Köln; Jin Yamamura, Berlin
  • Quelle:
    RöKo 2023

Mehr Daten erfordern mehr Effizienz

„Die Menge der Bildgebungsdaten steigt exponentiell an und in unseren Daten steckt viel mehr an Information, als wir bislang nutzen“, so Konstantin Nikolaou, Universität Lübeck. Die Datenmengen zu bewältigen und sie zugleich besser zu nutzen, sei nur durch KI möglich. „Die Automatisierung wird alle Arbeitsschritte betreffen“, so Nikolaou, „in 20 Jahren werden wir viel standardisierter und viel effizienter arbeiten müssen.“

Reichlich Potenzial für effizienteres radiologisches Arbeiten gibt es bereits vor der Befundung. „Wie oft versuchen wir, einen Kollegen ans Telefon zu kriegen und verbringen wertvolle Zeit mit Warten“, sagte Thekla Oechtering, Radiologin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Hier ermöglichen Computer-Algorithmen bessere Abläufe, damit Radiolog:innen sich auf das Wesentliche konzentrieren könnten. Ähnliches gilt für Terminvergabe und andere organisatorische Aufgaben.

Autopilot abschalten und Verantwortung übernehmen

Dafür, was "das Wesentliche“ ist, zog Daniel Pinto dos Santos, Uniklinikum Köln, einen Vergleich zum Fliegen: In herausfordernden Situationen den Autopilot abschalten und selbst Verantwortung übernehmen. Das kann vertieftes Befunden und Konsultieren von Kolleg:innen in schwierigen Fällen bedeuten. Es kann aber auch bedeuten, mit Zuweiser:innen und Patient:innen intensiver zu kommunizieren, betonte Jin Yamamura, Radiologe an einem großen Berliner MVZ: „Die Kommunikation kommt bislang viel zu kurz.“

Stimmen aus dem Auditorium bezweifelten, dass Radiolog:innen am besten geeignet seien, um beispielsweise ein einfühlsames Patientengespräch zu führen. Yamamura entgegnete, „wir müssen nicht die besseren Mediziner werden, aber wir müssen für alle anderen Fachrichtungen verlässliche Partner sein.“

Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen – Integrierte Diagnostik

Für eine aktivere Rolle der Radiolog:innen in Tumorboards plädierte Nikolaou. „Da sind wir doch schon absolut ‚Kliniker‘, und in dieser integrativen Funktion müssen wir noch besser werden.“

Als ein Beispiel für die klinische Bedeutung der diagnostischen Bildgebung nannte er die DISCHARGE-Studie. Sie zeigte nicht nur, dass die CT für Patient:innen mit KHK-Verdacht eine sichere Alternative zum Herzkatheter darstellt, sondern resultierte auch in einem geringeren Risiko für schwere verfahrensbedingte Komplikationen.

„Künftig muss in unsere Befunde auch die Prognose einfließen – so können wir noch deutlich mehr Kollegen unterstützen und Patienten helfen“, forderte Yamamura. Dazu sei die Radiologie durchaus in der Lage, denn sie verfüge über alle Daten aus Labor, Pathologie und Klinik. „Wir bringen alles zusammen und können damit genau im Zentrum der Medizin stehen.“

Oechtering sekundierte: „Ja, wir müssen unser Selbstbild ändern, denn wir können viel mehr als nur Bilder ansehen. Wir haben den Überblick, kennen den Kontext und können uns zu Daten-Managern weiterentwickeln.“

Bessere Arbeitsbedingungen für die Radiologie

Ein gedeihliches Miteinander bei der Arbeit thematisierte Pinto dos Santos: „Wir brauchen eine gute Arbeitsatmosphäre. Und wir sollten uns um diejenigen kümmern, die schon im Beruf sind. Die müssen wir halten und dafür sorgen, dass sie sich wohlfühlen.“ Kontakte knüpfen und nett zueinander sein – das war seine Aufforderung an alle Zuhörenden, wenn sie nach dem Kongress wieder in ihren Arbeitsalltag eintauchen.

Einen mitdiskutierenden niedergelassenen Radiologen aus Bayern trieb der Fachkräftemangel um. Er erhofft sich von KI derartige Effizienz-Steigerungen, dass er seinen Mitarbeitenden eines Tages die Vier-Tage-Woche anbieten kann, um sie in der Praxis zu halten beziehungsweise um überhaupt noch Nachwuchskräfte zu finden.

Ausblick: Eher optimistisch

„Die Radiologie wird als Fach nicht aussterben. Im Gegenteil, wir werden viel mehr davon brauchen“,fasste Jin Yamamura zusammen. Dabei hatten die Diskutierenden durchaus verschiedene Visionen vor Augen: Vom Daten-Manager über die integrative Klinikerin bis hin zum einfühlsamen Patient:innen-Kommunikator war alles dabei. Dass aber der Radiologie — wie auch allen anderen Disziplinen – große Änderungen bevorstehen, darin waren sich alle einig.

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