„Stoffwechselbildgebung muss viel schneller in die klinische Routine“

„Stoffwechselbildgebung muss viel schneller in die klinische Routine“

Hedvig Hricak kommentierte die Methoden der metabolischen Bildgebung: Sie böten gerade in der Onkologie großen Patientennutzen. Allerdings habe die Medizin Entwicklungen wie die MR-Spektroskopie zu früh aufgegeben.

  • Präsentationstag:
    17.01.2019 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Hedvig Hricak, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York/NY
  • Quelle:
    Internationales MRT Symposium 2019

Krebs ist eine Stoffwechselerkrankung

Von der Anatomie über die Funktion hin zur Bildgebung des Metabolismus – diesen Bogen schlug Auftaktrednerin Hedvig Hricak. Als Start der auf Stoffwechselvorgängen basierenden Präzisionsmedizin nannte sie die komplette Decodierung des menschlichen Genoms im Jahr 2001. „Damals dachte man, mit dem Human Genome Project seien alle Probleme gelöst“, so Hricak. Schnell sei klar geworden, dass das gleiche Genom beileibe nicht das identische Proteinom nach sich ziehe. Krebs sei also nicht allein genetisch zu verstehen und zu therapieren. „Krebs ist im Grunde ein Stoffwechselerkrankung“, so Hricak.

Die Bedeutung dieser Erkenntnis sei mittlerweile in der Breite angekommen. So habe Nature jetzt, im Januar 2019, eine komplette Subpublikation „Nature Metabolism“ gestartet.

Zunächst an der Oberfläche

Dass der Zuckerstoffwechsel für Weichteiltumoren relevant sei, habe man schnell erkannt. Auch die Entwicklung von Biomarkern für Zielstrukturen an der Tumorzelloberfläche sei Teil der klinischen Anwendung gewesen, zum Beispiel für die Darstellung von Androgen-Rezeptoren bei Prostatakrebs. Dem sei die Enttäuschung darüber gefolgt, dass die zielgerichtete Diagnostik und Therapie Patienten nicht nachhaltig helfe. „Wir haben gesehen, dass wir für die Therapie mehr brauchen, als eine statische Zielstruktur“, kommentierte Hricak.

MR-Spektroskopie – zu früh aufgegeben

Die 1H MR-Spektroskopie (MRSI) beispielsweise könne Stoffwechselveränderungen in der Prostata darstellen – dies sei seit gut 20 Jahren bekannt. „Wir haben es aber die geschafft, die Methode in die klinische Routine zu übersetzen“, klagte Hricak.

Dabei sprechen gute Gründe dafür: Sowohl die 1H MRSI als auch die 31P MRSI seien gut in Standard-MR-Protokolle zu integrieren, eine Neuentwicklung von Tracern sei nicht nötig, die PatientInnen bräuchten keine Injektion und die Untersuchung liefert zusätzliche, therapierelevante Ergebnisse. Dem stünden aber auch Nachteile gegenüber: Das Signal-Rausch-Verhältnis sei gering, ebenso die räumliche Auflösung. Außerdem reagierten die Methoden auf Magnetfeld-Inhomogenitäten, so dass es schwer sei, in der Spektroskopie eine konsistente diagnostische Qualität herzustellen. Dies sei einer der Hauptgründe gewesen, dass die zentrale ACRIN Studie zur Prostata-MRSI gescheitert sei. „Meiner Meinung nach kam diese Studie zu früh und wir haben die Spektroskopie zu früh aufgegeben“, kommentierte Hricak. Sie sei nach wie vor der Meinung, dass die MRSI Ergebnisse liefern könne, zu denen keine andere Methode in der Lage sei.

Wichtiger Player: 2-HG MR-Spektroskopie

An anderer Stelle hat sich die MRSI allerdings Terrain erobert: Bei der Diagnostik von Gliomen. Bei Patienten mit IDH-mutierten Gliomen lässt sich das tumorspezifische 2-Hydroxyglutarat (2-HG) mittels MRSI nachweisen. „Das ist mittlerweile sogar für die neue WHO Tumorklassifikation wichtig“, erläuterte Hricak.

Die Diagnose dieser IDH-Mutation ist für Patienten hoch relevant: IDH (Isozitratdehydroxygenase) ist ein Schlüsselenzym des Krebszyklus. Patienten mit der IDH-Mutation zeigen ein deutlich verbessertes Überleben (80% haben eine mittlere Überlebenszeit von 5-10 Jahren) im Vergleich zum Wildtyp (hier beträgt die mittlere Überlebenszeit etwa 17 Monate).

Die 2-HG MRSI ermöglicht diese Diagnose in vivo. Bisher sind Biopsien Standard.

Hyperpolarisierte 13C MRSI

Die MRSI mit hyperpolarisierten Substanzen wie 13C-markiertem Pyruvat und seiner Metaboliten ermöglichen die Charakterisierung von Tumoren sowie das frühe Monitoring des Therapieerfolgs. Mit der Hyperpolarisierung lasse sich der Tumormetabolismus nicht-invasiv in vivo messen.

Dies sei beispielsweise für Brustkrebspatientinnen interessant. „Wir wissen, wie viele Patientinnen nach einer Lumpektomie später wieder unters Messer müssen“, so Hricak. Mit der 13C MRSI ließen sich aggressive Tumorränder in vivo erkennen und Patientinnen so stratifizieren.

Auch beim Prostatakarzinom seien durch das dynamische Monitoring der Metaboliten die Tumorheterogenität und die unterschiedliche Zusammensetzung und Positionierung der Stoffwechselprodukte erkennbar. „Das brauchen wir, um neue Therapien zu entwickeln“, unterstrich Hricak.

Im der Bildgebung des Gehirns sei damit die strahlentherapiebedingte Nekrose vom Tumorrezidiv unterscheidbar (Miloushev 2018). „Im Moment führen wir diese Patienten einer erneuten Operation zu – die 13C MRSI könnte unseren Umgang mit diesen Patienten revolutionieren.

Allerdings sei die Untersuchung teuer – die finanzielle Herausforderung zu meistern sei unter Umständen schwieriger als die Medizin an sich.

PET/MR in der Onkologie

„Für die PET/MR haben wir bisher keinen inkrementellen Wert geschaffen“, kommentierte Hricak. Es gebe dennoch bestimmte Indikationen, in der sie von Wert sei:

  1. Pädiatische Patienten, denen die MRT Strahlenbelastung erspare.
  2. Ein patientenzentriertes Protokoll – wenn die PET/MR Doppeluntersuchungen erspart
  3. Darstellung von Metastasen – der Kontrast der MRT ist höher als der der CT
  4. PET zu unterschiedlichen Zeitpunkten während einer Untersuchung
  5. Unterschiedliche Tracer - die MRT-Untersuchungsdauer ist so lang, dass verschiedene Tracer zum Einsatz kommen können.

„Wir nutzen die PET/MR immer noch nicht voll – wir haben einen Ferrari, aber wir fahren ihn noch wie einen Mittelklasse-SUV“, resümierte Hricak.

Referenzen

Miloushev VZ et al.
Metabolic Imaging of the Human Brain with Hyperpolarized 13C Pyruvate Demonstrates 13C Lactate Production in Brain Tumor Patients.
Cancer Res 2018.15;78(14):3755-3760

Nature Metabolism
https://www.nature.com/natmetab/

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