RSNA 2021 – Ergänzende Mamma-MRT für personalisiertes Brustkrebs-Screening
Bei Frauen mit erhöhtem Brustkrebs-Risiko könnten Screening-Strategien unter Einschluss der Mamma-MRT die Karzinomdetektion verbessern. Sie wären sogar wirtschaftlich.
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Präsentationstag:02.12.2021 1 Kommentare
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Autor:mh/ktg
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Sprecher:Ritse Mann, Radboud University Medical Center, Nijmegen / Niederlande
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Quelle:RSNA 2021
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So gut ist die Mamma-MRT im Screening
Zahlreiche Studien zur Mamma-MRT im Brustkrebs-Screening geben inzwischen ein umfassendes Bild zu ihrem Einsatz auch an großen Teilnehmerinnen-Gruppen. Vor allem die neuesten Studien belegen das Potenzial der Mamma-MRT im Screening: Sie erreicht dort
Sensitivitäten von 82-90% (Bick et al. 2019; Chiarelli et al. 2020).
„Wir verpassen also auch mit MRT immer noch einige Karzinome“, sagte Ritse Mann von Radboud University Medical Center in Nijmegen, Niederlande. Einige der nicht detektierten Läsionen werden Intervallkarzinome (werden also im Intervall zwischen zwei Screening-Untersuchungen entdeckt), und einige werden dennoch mittels Mammographie entdeckt. „Sollten wir daher also beides machen, Mamma-MRT und Mammographie?“ fragte Mann.
Auswirkungen einer zusätzlichen Mammographie
In der Gruppe der Frauen unter 40 Jahren müsste man bei über 1.800 Frauen ein Mammographie-Screening durchführen, das die Mamma-MRT ergänzt, um eine zusätzliches Karzinom zu detektieren (Vreemann et al. BCR 2018). In der Altersgruppe zwischen 50 und 60 Jahren sieht das anders aus: Hier wären dafür nur 229 ergänzende Mammographien erforderlich. Aber: 80 Prozent der Karzinome, die ausschließlich mammographisch detektiert werden, sind DCIS, wie Vreemann et al. herausfanden. Während die Gesamt-Sensitivität der Mamma-MRT für die Karzinomdetektion 89,6% (112/125) beträgt, liegt sie bei nur 52,8% (66/125) für die Mammographie.
Sensitivitätsprofil von MRT und Mammographie
Je aggressiver ein Mammakarzinom ist, desto wahrscheinlicher wird es mittels MRT entdeckt – das haben Sung et al. (Radiology 2016) gezeigt. „Mit der Mammographie verhält sich das im Prinzip genau umgekehrt“, so Mann. „Unser einziges Bedenken dabei ist, dass wir in der MRT auch ein paar mehr niedrig-gradige DCIS finden. Dessen sollte man sich bewusst sein.“
Die Sensitivitätszunahme durch eine ergänzende Mammographie liegt im Schnitt bei fünf Prozent. Demgegenüber wäre eine um 0,5 -2 Prozent geringere Spezifität in Kauf zu nehmen. „Das klingt erstmal nicht nach viel, aber es wären tatsächlich eine große Menge falsch-positiver Befunde“, so Mann.
„Wenn man ein Screening mit Mamma-MRT plus Mammographie durchführt, muss klar sein: das ergänzend hinzukommende Verfahren ist die Mammographie, nicht die MRT“, priorisierte Mann die Bedeutung der beiden Techniken.
Personalisiertes Screening: Wer sollte eine Mamma-MRT bekommen?
Ein Mamma-MRT-Screening sollte diesen Gruppen angeboten werden:
- Frauen, für die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko besteht
- Frauen, bei denen die Mammographie nur eingeschränkt gut funktioniert
Genetische Risikofaktoren (2,3 bis 8-fach erhöhtes Risiko je nach Mutation) sind erwiesenermaßen geeignet, um Frauen zu selektieren, die für ein Mamma-MRT-Screening in Betracht kommen.
Das persönliche Brustkrebsrisiko signifikant erhöhen können auch die familiäre Historie (1,5 bis 3-fach erhöhtes Risiko) und individuelle Historie (2 bis 3-fach).
Das Vorhandensein von LCIS (lobuläres Carcinoma in situ), ALH (atypische lobuläre Hyperplasie) und ADH (atypische duktale Hyperplasie) gehen mit einem 3 bis 4-fach erhöhten Risiko einher.
Eine hohe Dichte des Brustgewebes ist mit einem 2 bis 3-fach erhöhten Risiko assoziiert.
MRT und Mammographie: Wirksamkeit bei erhöhtem familiären Risiko
Mann präsentierte die multizentrische, randomisierte, kontrollierte FaMRIsc-Studie (Saadatmand S et al. Lancet Oncology 2019). Bei Frauen mit erhöhtem familiären Risiko zeigt die Kombination von Mamma-MRT plus Mammographie eine Karzinom-Detektionsrate von 14,2/1000 gegenüber 4,9/1000 bei alleiniger Mammographie. Allerdings ist ein anderes Charakteristikum der Mamma-MRT mindestens genauso entscheidend wie die hohe Detektionsrate, betonte Mann: Die detektierten Karzinome sind im Durchschnitt kleiner (12 vs. 18 mm), wurden in einem früheren Stadium entdeckt und waren öfter nodal negativ (83 vs. 38%).
Wirtschaftlichkeit des Mamma-MRT-Screenings bei erhöhtem familiären Risiko
Die Kosten-Effektivität verschiedener Strategien für ein Mamma-MRT-Screening für Frauen mit erhöhtem familiären Risiko haben Geuzinge et al. (JAMA Oncol 2020) errechnet. Ihr Ergebnis:
- Eine MRT jeweils alle 1,5 Jahre ohne ergänzende Mammographie wäre die wirtschaftlichste Screening-Strategie, wenn man Kosten in Höhe von 21.000 EUR pro gewonnenem QALY (quality-adjusted live year) akzeptiert.
- Als zweit-wirtschaftlichste Strategie erwies sich ein jährliches Screening mit Mamma-MRT und Mammographie im Wechsel.
Die Kosten eines MRT-Screenings werden aktuell maßgeblich durch die Kosten für die Scanner-Nutzung bestimmt. Mann hält es für durchaus realistisch, sie von den derzeit rund 350 EUR pro Screening-Untersuchung auf um die 200 EUR zu senken.
Risikofaktor dichtes Brustgewebe: Mortalität auf Null senken?
DENSE, die große niederländische Screening-Studie (Bakker et al. NEJM 2019) hat gezeigt:
Frauen mit extrem dichtem Brustgewebe profitieren signifikant von einer zusätzlich zur Mammographie angebotenen MRT:
- 8061 Screening-Teilnehmerinnen mit negativem Mammogramm bekamen eine zusätzliche Mamma-MRT angeboten
- 4783/8061 Frauen nahmen das Angebot wahr und hatten eine zusätzliche Mamma-MRT
- 79 Mammakarzinome wurden bei den Frauen mit negativem Mammographie-Befund detektiert, was einer zusätzlichen Detektionsrate von 16,5/1000 entspricht
- Die Rate Intervallkarzinome lag bei den mit MRT zusätzlich Untersuchten bei 0,8/1000 im Vergleich zu 5,0/1000 ohne MRT
In der zweiten Screening-Runde der DENSE-Studie (Veenhuizen et al. Radiology 2021) nach zwei Jahren
- waren alle detektierten Karzinome nodal negativ
- waren alle detektierten Karzinome in einem frühen Stadium
“Das heißt: In dieser Population können wir die Brustkrebs-Mortalität im Prinzip auf Null bringen“, sagte Mann. „Das ist wirklich gewaltig – noch nie waren wir in der Lage so etwas zu tun.“ |
Die Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Screening-Strategien für Frauen mit extrem dichtem Brustgewebe errechneten Geuzinge et al. (JNCI 2021) ebenfalls. Ihr Ergebnis:
- Eine MRT-Screening-Untersuchung alle vier Jahre ist kosten-effektiv, wenn zusätzliche Kosten von 15.000 EUR pro gewonnenem QALY akzeptiert werden.
Referenzen zu "RSNA 2021 – Ergänzende Mamma-MRT für personalisiertes Brustkrebs-Screening"
Bakker et al. DENSE Trial Study Group. Supplemental MRI Screening for Women with Extremely Dense Breast Tissue. N Engl J Med 2019;381(22):2091-2102.
Bick U et al. High-risk breast cancer surveillance with MRI: 10-year experience from the German consortium for hereditary breast and ovarian cancer. Breast Cancer Res Treat 2019;175(1):217-228.
Chiarelli AM et al. Performance Measures of Magnetic Resonance Imaging Plus Mammography in the High Risk Ontario Breast Screening Program. J Natl Cancer Inst. 2020 Feb 1;112(2):136-144.
Geuzinge HA et al. Cost-effectiveness of Breast Cancer Screening With Magnetic Resonance Imaging for Women at Familial Risk. JAMA Oncol 2020;6(9):1381-1389.
Geuzinge HA et al. Cost-Effectiveness of Magnetic Resonance Imaging Screening for Women With Extremely Dense Breast Tissue. JNCI 2021;113(11):1476–1483.
Saadatmand S et al. MRI versus mammography for breast cancer screening in women with familial risk (FaMRIsc): a multicentre, randomised, controlled trial. Lancet Oncology 2019;20(8):1136-1147.
Sung JS et al. Breast Cancers Detected at Screening MR Imaging and Mammography in Patients at High Risk: Method of Detection Reflects Tumor Histopathologic Results. Radiology 2016;280(3):716-22.
Veenhuizen SGA et al. Supplemental Breast MRI for Women with Extremely Dense Breasts: Results of the Second Screening Round of the DENSE Trial. Radiology 2021;299(2):278-286.
Vreemann S et al. The added value of mammography in different age-groups of women with and without BRCA mutation screened with breast MRI. Breast Cancer Res 2018;20(1):84.