Pulmonale CoViD-19-Komplikationen – Einsatz der Bildgebung

Pulmonale CoViD-19-Komplikationen – Einsatz der Bildgebung

War die Herausforderung bei CoViD-19 zunächst die Diagnose, verlagert sie sich jetzt zu Prognose, Therapie und richtigem Umgang mit Komplikationen. Die Bildgebung hilft, den Verlauf einzuschätzen.

  • Präsentationstag:
    13.05.2020 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Mickael Ohana, Straßburg; Anand Devaraj, London; Myriam Edjlali-Goujon, Paris
  • Quelle:
    ESR Connect 2020

ARDS und Lungenparenchym

Ein häufiges Krankheitssymptom bei CoViD-19 ist nach wie vor das akute Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS). Bei rund 30% der Neuaufnahmen mit Verdacht auf CoViD-19 stehen akute Atemprobleme an erster Stelle.

„Auf dem Hoch der Epidemie hatten bei uns acht Prozent der Personen, die in die Notaufnahme kamen, bereits ein ARDS“, so Mickael Ohana, Universität Straßburg. Insgesamt hat die Klinik der Uni Straßburg bisher 3.000 CoViD-19 PatientInnen versorgt.

Für die ARDS-Einschätzung sind die BERLIN Kriterien maßgeblich, vor allem:

  1. der akut verminderte Quotient von arteriellem Sauerstoffpartialdruck zu inspiratorischer Sauerstoffkonzentration (PaO2/FiO2 ≤ 300mmHg) und
  2. beidseitige Lungeninfiltrate im Röntgen oder der CT

„Infiltrate sind bei CoViD-19 immer vorhanden – das heißt, die ARDS-Diagnostik stützt sich hier vor allem auf den Grad der Oxygenierung“, so Ohana.

Lässt sich die Prognose schon mit der ersten Thorax-CT stellen?

Die initiale CT gibt prognostische Hinweise. Erste Studien haben bereits versucht einen semiquantitativen Score zu ermitteln – bisher ist keiner davon reproduzierbar.

Ohana empfiehlt im Moment die 5-stufige ESR/ESTI Visual Scale. Sie richtet sich einzig nach dem Ausmaß von Läsionen versus intaktem Lungenparenchym – unabhängig vom Aussehen der Läsion.

An seiner Klinik ließ sich folgende grobe Prognose ableiten:

  • Nahmen die Läsionen weniger als 25% des Parenchyms ein, lagen Intensivpflichtigkeit und Sterberate bei 18%.
  • Waren mehr als 25% des Parenchyms betroffen, war die Prognose deutlich schlechter: 90% dieser PatientInnen wurden intensivpflichtig oder starben.

Wie hoch ist das Risiko der Lungenfibrose bei Überlebenden?

Die Studien vor CoViD-19 fanden bei 50 bis 75% der ARDS-PatientInnen eine Lungenfibrose unterschiedlichen Schweregrades. Die Fibrose in der Bildgebung gilt als Marker für erhöhte Sterblichkeit. Aus diesem Grund ist es auch bei CoViD-19 PatientInnen wichtig, um die Fibrose zu wissen. Wie hoch das Fibrose-Risiko bei CoViD-19-Überlebenden genau ist, lässt sich aber noch nicht sagen – dazu fehlen Langzeit-Daten.

CT-Standard-Protokoll bei vermuteten Komplikationen

Bei Verdacht auf Komplikationen gibt es zwei Optionen: Die native Niedrigdosis-Thorax-CT oder die pulmonale CT-Angiographie (CTPA). Bei IntensivpatientInnen ist die Suche nach Lungenembolien vorranging, sie bekommen eine CTPA. Ist der Verlauf dann unauffällig, kommt im Follow-Up die Low-Dose CT zum Einsatz. “Hier vermeiden wir jede unnötige Strahlenbelastung – unser Ziel ist eine DLP von rund 50 mGy*cm bei Patienten mit normaler Morphologie“, so Ohana.

Wann und wie sollte die Follow-Up Bildgebung erfolgen?

Nicht zu früh – drei Monate nach ARDS oder nach Krankenhausaufenthalt. Dies sei der momentane Stand, betonte Ohana.

Zu Spätfolgen wie Fibrosen lassen sich zurzeit kaum Aussagen machen. Hier geht es darum, eine Fibrose rechtzeitig zu erkennen, ohne die PatientInnen zu früh oder zu oft zu scannen. „Wir wissen aber im Moment auch hier nicht, wann dafür der ideale Zeitpunkt ist – diese Diskussion müssen wir weiter führen“, so Ohana.

CoViD-19 und Lungenembolien

Anand Devaraj, Imperial College London, berichtete über seine Erfahrungen mit der CTPA bei CoViD-19-PatientInnen. Seine Institution, das Royal Brompton Hospital, ist ein Zentrum für PatientInnen mit akutem Lungenversagen.

Devaraj unterstrich den engen Zusammenhang zwischen CoViD-19 und Lungenembolien (LE), den inzwischen mehrere Studien belegen: 23-33% der CoViD-19 PatientInnen, die intensivmedizinisch betreut werden, bekommen eine Lungenembolie.

Ursache der der LE ist vermutlich die Hyperkoagulation bei CoViD-19. Dafür sprechen diverse Aspekte:

  • Thrombenbildung trotz Antikoagulationstherapie
  • Eine Studie, bei der 39% der PatientInnen eine D-Dimer Konzentration > 20.000mm hatten (Normwert: ungefähr 500mm)
  • LE häufig ohne Nachweis einer tiefen Beinvenenthrombose

Die LE ist oft auf Lungensegmente oder Subsegmente begrenzt. Ein geringerer Teil der PatientInnen zeigt aber auch proximal davon eine starke Thrombosierung. „Die Thromben selbst sehen eher irregulär aus – ähnlich denen chronisch-thrombotischer Erkrankungen, obwohl sie bei CoViD-19 natürlich nicht chronisch sind“, so Devaraj.

Klinisch lassen sich bei diesen PatientInnen im Herz-Echo oft sehr hohe Rechtsherzdrücke messen – anders als bei der akuten LE ohne CoViD-19-Zusammenhang, bei der die Drücke nicht in diesem Maß steigen.

Lungenembolien behandeln

Die Behandlung der LE ist von vielen Faktoren abhängig und liegt nicht in der Hand der RadiologInnen. Bei PatientInnen mit großen Thromben und sehr hohen D-Dimer Werten wird die Thrombolyse als wirksam beschrieben, so Devaraj.

Parenchym-Zeichen in der CT bei CoViD-19

Als Marker für die Erkrankung dienen u.a. folgende Merkmale, die laut aktuellen Studien bei fast 90% der PatientInnen vorkommen:

  • Dilatierte subsegmentale Gefäße – diese sich aufzweigenden Strukturen ähneln einem Blütenzweig und werden deswegen als „tree in bud“ bezeichnet. Wahrscheinliche Ursache: thrombotische Mikroangiopathie
  • Gefäßwandverdickung und Gefäßverengung

SPECT-CT/Szintigraphie bei Nierenversagen und Verdacht auf LE?

„Wir bleiben auch bei diesen Patienten bei der CTPA“, so Devaraj. SPECT-CT oder Szintigraphie führt seine Institution in diesen Fällen nicht durch.

Dual Energy CT für die LE-Diagnostik?

Devarajs Institution nutzt die Dual Energy CT, weil sie Aussagen über die Perfusion ermöglicht. Ein Großteil der PatientInnen weist Perfusionsdefekte auf, die nicht notwendigerweise mit der Thrombuslast einhergehen. Die Ursache der Perfusionsdefekte ist im Moment noch unklar. Autopsien könnten helfen, diesen Punkt zu klären, ergänzte Moderator Helmut Prosch, Uni Wien.

Weitere thrombotische Veränderungen

Die Hyperkoagulation führt bei CoViD-19 zu weiteren Komplikationen:

  • Schlaganfall (bei 2,5% der PatientInnen)
  • Myokardinfarkt (bei 1,1% der PatientInnen)
  • Thromben in der Aorta und den Lungengefäßen
  • Intramurale kardiale Thromben

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