RöKo 2018 – Wissenschaftliche Leitlinien in der Praxis
Die ambulante Radiologie bewegt sich mit ihren Angeboten zwischen den Abrechnungs-Richtlinien der kassenärztlichen Vereinigung und den Empfehlungen aus Leitlinien.
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Präsentationstag:10.05.2018 0 Kommentare
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Autor:ch/ktg
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Sprecher:Henrik Michaely, MVZ Radiologie Karlsruhe
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Quelle:Deutscher Röntgenkongress 2018
Die Bildgebung entwickelt sich kontinuierlich weiter. Eine bessere und sicherere Technik führt meist zur Ausweitung der Indikationen, bei denen man diese sinnvoll einsetzen kann. Bei der Aktualisierung wissenschaftlicher Leitlinien werden diese Entwicklungen berücksichtigt.
Henrik Michaely vom MVZ Radiologie Karlsruhe präsentierte eine Vielzahl von Leitlinien und diskutierte Besonderheiten:
S3-Leitlinie Skaphoidfraktur (2015): Als Basisdiagnostik wird die Projektionsradiographie des Handgelenks OHNE Schiene in drei Ebenen (dorsopalmar, lateral und Stecher-Aufnahme) empfohlen. Bei negativem Befund und weiterem Verdacht können CT und – falls auch dies zu keiner Diagnose führt – auch eine MRT sinnvoll sein. Eine Skelettszintigraphie ist bei dieser Fragestellung nicht indiziert.
S3-Leitlinie Atraumatische Femurkopfnekrose des Erwachsenen (2014): Die Leitlinie bietet eine klare klinische Einteilung (ARCO Stadium 0-IV). Besteht im Stadium ARCO II-IV der Verdacht auf eine subchondrale Fraktur, gibt es einen starken Konsens dafür, eine CT durchzuführen. „Auch bei Ermüdungsfrakturen sollten wir öfters an die CT denken“, ergänzte Michaely.
S2-Leitline Lumbale Radikulopathie (2018): „Bei uns sind das 20 bis 30 Prozent der Überweisung“, sagte Michaely. Die Leitlinie von 2012 wurde vollständig überarbeitet. Interessant sei, dass mehr als 60% der Betroffenen über 60 Jahre alt sind. Zudem hat die Bildmorphologie keinen prädiktiven Wert für das Auftreten klinischer Symptome. Im Anhang findet sich die Tabelle mit den Red-Flag-Symptomen, die eine bildgebende Diagnostik triggern. „Der plötzliche Schmerz im Zeh mit Kribbeln reicht eigentlich nicht mehr, um eine Bildgebung durchzuführen.“ Das könne man den PatientInnen aber nicht immer ausreichend erklären, so dass eine radiologische Abklärung trotzdem häufiger erfolge, so Michaely.
S2-Leitlinie Urolithiasis (2015): Die CT gehört heute häufig zur Standard-Diagnostik. Der potentielle Einsatz der Dual-Energy-CT wurde noch nicht erfasst. Die Leitlinie lasse auch ein Hintertürchen für die intravenöse Urographie (IUG) offen.
S3-Leitlinie Lungenkarzinom (2018): In der gerade aktualisierten Leitlinie wird das RaucherInnen-Screening mittels Low-Dose-CT zwar bei bestimmter Risikokonstellation (etwa Alter 55-75 Jahre, minimal 30 Packungsjahre, weniger als 15 Jahre Nikotinkarenz) empfohlen, das gehe aber an der Realität vorbei, so Michaely, „das würde enorme Mittel verschlingen“. Zudem sei das CT-Screening weiterhin keine GKV-Leistung.
S3-Leitlinie Mammakarzinom (2017): Auch in der aktuellen Version bleibt der Zusatznutzen der Tomosynthese unklar – die Evidenz zur Mortalitätsreduktion ist nicht ausreichend. Das Ganzkörper-Staging (CT + Szintigraphie) wird nur bei Frauen mit höherem Metastasierungsrisiko (N+, >T2) und/oder aggressiver Tumorbiologie (z.B. Her2+) empfohlen.
S3-Leitlinie Prostatakarzinom (2018): Dem Einsatz der MRT wird in der aktuellen Version deutlich mehr Raum eingeräumt. „Für uns Radiologen vielleicht etwas traurig: Die MRT gehört noch nicht zur Routinediagnostik.“
Nach negativer systemischer Biopsie und weiter bestehendem Verdacht soll eine MRT erfolgen, suspekte Herde sind zu biopsieren. Ist diese Rebiopsie ebenfalls negativ, wird von weiteren Interventionen/Bildgebungen abgeraten, soweit die klinischen Parameter unverändert bleiben.
„Die MRT der Prostata ist weiterhin keine Kassenleistung“, ergänzte Michaely. Es sei manchmal bitter, den Patienten diese Methode vorzuenthalten. Rund die Hälfte der Patienten schreckten wegen der Kosten vor dieser Untersuchung zurück.