RöKo 2024 – Herz-CT: Auswirkungen des GBA-Beschlusses auf die Praxis

RöKo 2024 – Herz-CT: Auswirkungen des GBA-Beschlusses auf die Praxis

Für niedergelassene Radiologinnen und Radiologen wird es jetzt ernst: Spätestens ab Ende Oktober 2024 können sie die koronare CT-Angiographie abrechnen. Welche Voraussetzungen dafür bestehen, erläutert Jörn Sandstede, niedergelassener Radiologe aus Hamburg.

  • Präsentationstag:
    10.05.2024 1 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Jörn Sandstede (Hamburg)
  • Quelle:
    RöKo 2024

Großbritannien macht es vor: CCTA rettet Leben

Mit der britischen NICE-Guideline (National Institute for Health and Care Excellence) von 2016 wurde die koronare CT-Angiographie (CCTA) zur First-Line-Methode bei Verdacht auf koronare Herzkrankheit (KHK). Sehr schnell stieg die Anzahl der CCTA, während die der invasiven Herzkatheter-Untersuchungen zurückging.

Aktuelle Zahlen aus UK (Weir-McCal 2023) zeigen: Ein Plus von 10 leitliniengerecht durchgeführten Herz-CTs auf eine Population von 100.000 führt zu einem Rückgang der kardiovaskulären Mortalität um 5/100.000. Statistisch gesehen retten also fünf CCTA ein Leben. „Dafür lohnt es, weiter daran zu arbeiten“, sagte Jörn Sandstede.

Anforderungen an die ambulante Radiologie

Neue Patientenpfade

Hausärzt:innen könnten bei KHK-Verdacht künftig unmittelbar in die radiologische Praxis überweisen. Von dort wird nur dann in die kardiologische Praxis weiter überwiesen, wenn sich in der Herz-CT eine auffälliger Befund zeigt.

Rechtfertigende Indikation – Vortestwahrscheinlichkeit 15-50%

Liegt die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK 15-50%, soll die Abklärung durch eine CCTA erfolgen. „Das müssen wir unseren Zuweisern nahebringen“, sagte Sandstede, also den Hausärzt:innen, Internist:innen und Kardiolog:innen.

„Aber wir müssen die Vortestwahrscheinlichkeit auch selbst erheben und darstellen können.“ Dazu dienen primär zwei Tools:

  • Die Guidelines der European Society of Cardiology (ESC) – Die Vortestwahrscheinlichkeit lässt sich leicht anhand von drei Parametern ausrechnen: Geschlecht, Alter und Klinik.
  • Der Marburger Herz-Score mit einen Algorithmus aus fünf Fragen

Zielherzfrequenz: Umgang mit Betablocker und Nitro

Um eine diagnostische CCTA zu erzielen, ist eine Herzfrequenz von nicht mehr als 60 Schlägen/Minute anzustreben. Empfohlen wird dafür der Einsatz von

  • Nitroglyzerin – geht fast immer
    Ausschlusskriterien sind: Blutdruck von < 100 mmHG bzw. vorangegangene Einnahme eines vasodilatatorischen PDE5-Hemmers
  • Betablocker – großzügig einzusetzen
    Ausschlusskriterien sind: Blutdruck von < 100 mmHG, Asthma oder Einnahme von Ca-Antagonisten

    „Für den Einsatz von Betablockern brauchen wir keinen Kardiologen“, betonte Sandstede.

Persönliche Zertifizierung

„Mit seinen Anforderungen an die Radiologen orientiert sich der GBA weitgehend an den Vorgaben der Q2-Zertifizierung“, so Sandstede. Nachgewiesen werden müssen die selbständige Befundung von CCTA in mindestens 150 Fällen und die selbständige Durchführung der CCTA in mindestens 50 Fällen.

Bei Fachärzt:innen, die den Nachweis der Mindestanzahl an Untersuchungen erst nach Inkrafttreten des GBA-Beschlusses erbringen, können die nachzuweisenden Untersuchungen unter Anleitung einer/eines erfahrenen Anwender:in gemacht werden.

Technische Ausstattung

GBA-Beschluss verlangt technisch das Vorhandensein eines CT-Scanner mit mindestens 64 Detektorzeilen.

Die Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der CT (2022) verlangt darüberhinaus

  • eine Rotationszeit von maximal 350 ms
  • eine Schichtdicke von maximal 0,7 mm

Sandstede vermutet, dass sich diese beiden technischen Mindestanforderungen der BÄK durchsetzen dürften.

Strukturierte Befundung mit klinischer Empfehlung

Von den Radiolog:innen wird verlangt, im Anschluss an die CCTA eine Therapieempfehlung abzugeben. Diese muss zwei zentrale Fragen beantworten:

  1. Hat der Patient eine obstruktive KHK?
  2. Wie hoch ist das kardiovaskuläre Risiko des Patienten?

Die strukturierte Befundung mit klinischer Empfehlung erfolgt nach CAD-RADS™ 2.0:

  • Keine relevante KHK, kein kardiovaskuläres Risiko >> keine weitere Empfehlung
  • Nicht-obstruktive KHK mit kardiovaskulärem Risiko >> Modulation der Risikofaktoren
  • Grenzwertig obstruktive KHK mit kardiovaskulärem Risiko >> Modulation der Risikofaktoren, Ischämiediagnostik

In Kürze wird die AG Herzdiagnostik dafür einen Anamnesebogen sowie eine Befundvorlage mit Therapieempfehlungen vorlegen.

Kommunikation mit Zuweiser:innen

„Der GBA will, dass wir mit unseren Zuweisern sprechen“, so Sandstede. Idealerweise sollten Befund und Bilddokumentation gleich am Untersuchungstag übermittelt werden, auf jeden Fall aber innerhalb weniger Tage. Dringlichkeit geboten, wenn eine obstruktive KHK vorliegt; dann gelte als Leitsatz „Bei Obstruktion: Telefon.“

Bei Überweisung durch Hausarzt /Hausärztin erfolgt die Fallbesprechung findet statt zwischen ihr/ihm und der radiologischen Praxis. „Wir müssen die Hausärzte mit einbeziehen, sie haben eine Schlüsselstellung“ unterstrich Sandstede.

Referenzen

Cury RC et al. CAD-RADS™ 2.0 – 2022 Coronary Artery Disease – Reporting and Data System An Expert Consensus Document of the Society of Cardiovascular Computed Tomography (SCCT), the American College of Cardiology (ACC), the American College of Radiology (ACR) and the North America Society of Cardiovascular Imaging (NASCI). Radiology: Cardiothoracic Imaging 2022;4(5)

Weir-McCall JR et al. National Trends in Coronary Artery Disease Imaging: Associations With Health Care Outcomes and Costs. JACC Cardiovasc Imaging. 2023 May;16(5):659-671

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