RSNA 2022 – Verkürzte MRT der Mamma: Status Quo

RSNA 2022 – Verkürzte MRT der Mamma: Status Quo

Verkürzte (AB-)MRT-Protokolle haben sich im Brustkrebs-Screening etabliert – derzeit arbeiten die ExpertInnen weltweit an ihrer Feinabstimmung. Für die Diagnostik sind weiterhin die kompletten Mamma-MRT-Protokolle im Einsatz, aber auch sie werden immer weiter verfeinert und verkürzt.

  • Präsentationstag:
    27.11.2022 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Christopher Comstock, Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, New York; Ritse Mann, Radboud University Medical Centre, Nijmegen; Pascal Baltzer, Universitätsklinikum Wien
  • Quelle:
    RSNA 2022
Bei der Krebserkennung schneidet die kontrastverstärkte AB-MRT besser ab als die digitale Tomosynthese – die AB-MRT ist derzeit der sensitivste Test.

Die Spezifität muss noch besser werden. Dies lässt sich durch das Einbeziehen der Kontrastmittel-Kinetik mittels ultraschneller Sequenzen erreichen.

Komplette, multiparametrische Protokolle sind für die Diagnostik sinnvoll – KI-basierte Algorithmen wie der Kaiser-Score ermöglichen die strukturierte Befundung und Entscheidungsfindung.

Drei renommierte Experten aus Europa und den USA tauschten sich auf dem RSNA 2022 zum aktuellen Stand verkürzter Mamma-MRT-Protokolle aus. Die drei waren sich einig, dass die MRT der Brust – obwohl sie bereits sehr gut etabliert ist – immer noch großes Potenzial birgt. Zwischen Screening und diagnostischer Bildgebung sollte man allerdings klar trennen.

Christopher Comstock – Das ECOG-ACRIN Trial

Der einfachste Weg, um die Brustkrebssterblichkeit zu senken, ist die Verbesserung der Brustkrebserkennung, sagte Christopher Comstock, Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, New York. Die kontrastverstärkte MRT hat sich bereits als sensitivste Methode für die Früherkennung erwiesen. Sie erkennt "die relevanten Karzinome", so Comstock, also Läsionen mit hohem Grading (Sung 2016).

USA: AB-MRT schon großflächig für Screening genutzt

Die AB-MRT wird in den USA inzwischen großflächig für das Screening von Frauen mit dichter Brust genutzt; viele Bundesstaaten haben bereits entsprechende Gesetze verabschiedet, weitere werden folgen. Die Protokolle umfassen in der Regel eine T2w-Prä-Kontrast-Sequenz mit oder ohne Fettsättigung, sowie T1w-Prä-Kontrast und T1w-Prä-Kontrast-Sequenzen. Eine Standardisierung der AB-MRT-Protokolle existiert jedoch noch nicht.

Um robuste Daten zur AB-MRT im Vergleich zur digitalen Tomosynthese (DBT) bei Frauen mit dichter Brust zu erhalten, haben Comstock und KollegInnen das ECOG-ACRIN-Phase-II-Trial auf den Weg gebracht. Während frühere Studien meist Reader-Studies waren, ist diese Studie multizentrisch mit fast 1500 Teilnehmerinnen aus 44 Zentren und umfasst vor allem unterschiedlichste radiologische BefunderInnen. Sie stammen aus akademischen Zentren genauso wie aus Häusern der Grundversorgung – „also nicht nur aus den Elfenbeintürmen", so Comstock. Die Zentren führten die AB-MRT-Scans in weniger als 10 Minuten durch.

Steigerung der Detektionsrate durch AB-MRT

Beim Blick auf alle Karzinome zeigte sich die AB-MRT überlegen: Mit AB-MRT wurden 15,2 Karzinome pro 1000 Frauen (22/1444) entdeckt, mit DBT 6,2 (9/1444) – was einer 2,5-fachen Steigerung der Detektionsrate durch die AB-MRT entspricht.

Für invasive Mammakarzinome war der Unterschied noch deutlicher: Die AB-MRI detektierte 11,8 Karzinome pro 1000 Frauen, DBT 4,8 (p=0,002). Comstock nannte während seines Vortrags keine Spezifitäten für die Detektion invasiver Karzinome. Er legte aber Daten für die Kombination aus invasiven Karzinomen und DCIS vor: Die Spezifität betrug 97,4 % für die DBT und 86,7 % für die AB-MRT.

MRT nicht nur bei Frauen mit BRCA-Mutation sinnvoll

"Wir müssen unsere Einschätzung ändern, dass die MRT nur bei BRCA-Patientinnen sinnvoll ist – wir sollten die Methode bei viel mehr Frauen einsetzen", so Comstock. KI wird diesen Prozess unterstützen. Was sich allerdings noch verbessern muss, ist die Spezifität. Letztlich hätte die AB-MRT das Potenzial, zum Haupt-Screening-Instrument zu werden.

Ritse Mann – Bessere Spezifität durch Ultraschnelle MRT

Jeder Tumor von mehr als zwei Millimetern Größe kann nur wachsen, wenn ihn neue Gefäße versorgen. Das heißt: invasive Karzinome brauchen die Neovaskularisation. Die Wand dieser neuen Gefäße ist allerdings durchlässig, so dass große Moleküle austreten können – was auch bedeutet, dass Kontrastmittel frühzeitig extravasiert. Deshalb weisen maligne Läsionen eine Kontrastverstärkung auf, denn gadoliniumbasierte Kontrastmittel (KM) verringern die T1-Relaxivität, was wiederum zur Signalverstärkung führt. "Je schneller das Kontrastmittel im Vergleich zur Aorta einschwemmt, desto wahrscheinlicher handelt es sich um eine bösartige Läsion", so Ritse Mann vom Radboud University Medical Centre in Nijmegen. Die maximale Steigung und die Aggressivität des Tumors hängen direkt zusammen – je steiler die Steigung, desto aggressiver die Läsion (Pelissier 2021).

Dies ist der Grundgedanke hinter der ultraschnellen (ultrafast, UF) MRT. Sie nutzt den schnellen KM-Fluss in die invasiven Läsionen direkt nach der KM-Injektion. Bezieht man die UF-Aufnahmen in die Mamma-MRT ein, erhöht man die Spezifität der AB-MRT (Kim 2022). "Ich gehe nicht davon aus, dass man mit ultraschnellen Sequenzen mehr Karzinome findet –wenn der Kontrastmitteleinfluss spät kommt, kann man ein Karzinom aber ausschließen", so Mann. Es könnte sogar sinnvoll sein, AB-MRT-Protokolle auf die ultraschnelle Phase zu verkürzen.
Im Protokoll selbst wird die ultraschnelle Aufnahme an mehreren Zeitpunkten unmittelbar nach der KM-Injektion durchgeführt.

Das Zufügen ultraschneller Aufnahmen zur Screening AB-MRT erhöht die Spezifität ohne das MRT-Protokoll zu verlängern.
Das Zufügen ultraschneller Aufnahmen zur Screening AB-MRT erhöht die Spezifität ohne das MRT-Protokoll zu verlängern.

Pascal Baltzer – Protokolle nicht zu sehr kürzen!

Pascal Baltzer, Universitätsklinikum Wien, fügte der Diskussion einen weiteren Gesichtspunkt hinzu: Er warnte davor, die Protokolle zu sehr zu kürzen, da dadurch die Rate der falsch-negativen und der falsch-positiven Befunde steigen könnte. In diesem Zusammenhang ist allerdings die Unterscheidung zwischen der MRT als Screening-Methode und der MRT für die Diagnostik besonders wichtig. Die schnelle MIP (Maximal-Intensitäts-Projektion) sei definitiv kein Diagnostik-Tool.

Wird die MRT zur Entscheidungsfindung „Biopsie ja oder nein“ herangezogen, nutzt Baltzer die multiparametrische MRT, um alle möglichen Informationen zu erhalten und Folgescans zu vermeiden. Er empfiehlt die Verwendung des Kaiser-Scores, eines KI-basierten Diagnosealgorithmus, der alle notwendigen Funktionen für eine strukturierte Auswertung und Entscheidungsfindung vorhält. "Ich nutze diese Entscheidungsregeln, um BI-RADS 3 zu vermeiden", so Baltzer. Für eine evidenzbasierte Diagnose verwendet er BI-RADS, den Kaiser-Score und den ADC aus der diffusionsgewichteten Bildgebung. Seiner Erfahrung nach lässt sich das gesamte Protokoll in weniger als 15 Minuten durchführen.

Wenn ein vollständiges, multiparametrisches Mamma-MRT-Protokoll klug gekürzt wird, kann es in weniger als 10 Minuten über die Bühne gehen und immer noch alle Informationen enthalten, die für die umfassende Diagnostik eines Mammakarzinoms nötig sind.
Wenn ein vollständiges, multiparametrisches Mamma-MRT-Protokoll klug gekürzt wird, kann es in weniger als 10 Minuten über die Bühne gehen und immer noch alle Informationen enthalten, die für die umfassende Diagnostik eines Mammakarzinoms nötig sind.

Referenzen

Comstock CE et al. Comparison of Abbreviated Breast MRI vs Digital Breast Tomosynthesis for Breast Cancer Detec1on Among Women With Dense Breasts Undergoing Screening. JAMA. 2020;323(8):746-56

Kim ES et al. Added value of ultrafast sequence in abbreviated breast MRI surveillance in women with a personal history of breast cancer: A mul1reader study. Eur J Radiol 2022;151:110322

Pelissier M et al. Maximum slope using ultrafast breast DCE-MRI at 1.5 Tesla: a poten1al tool for predic1ng breast lesion aggressiveness. Eur Radiol 2021;31(12):9556-66

Sung JS et al. Breast Cancers Detected at Screening MR Imaging and Mammography in Pa1ents at High Risk: Method of Detec1on Reflects Tumor Histopathologic Results. Radiology 2016;280(3):716-22

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