RöKo 2021 – MR-Sicherheit von Schrittmachern und Implantaten

RöKo 2021 – MR-Sicherheit von Schrittmachern und Implantaten

Die zunehmende Zahl an MRT-Untersuchungen einerseits und an Implantaten andererseits machen deren Prüfungen auf MR-Sicherheit immer häufiger notwendig. Tatsächlich schließen gelten viele Implantate inzwischen als bedingt oder voll ‚MR-sicher“.

  • Präsentationstag:
    26.06.2021 2 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Tobias Krähling, Universitätsklinikum Münster
  • Quelle:
    RöKo 2021

Die Implantatversorgung steigt an – bei den Schrittmachern und ICD beispielsweise um mehr als 50 Prozent von 2005 bis 2019. „Wir können daher nicht mehr einfach sagen, Patienten mit Implantat dürfen nicht ins MRT“, sagte Tobias Krähling vom Uniklinikum Münster. Vielmehr gilt es in jedem Fall, Nutzen und Risiken abzuwägen.

Aktive und Passive Implantate

Passive Implantate sind solche, die nicht elektronisch gesteuert werden, etwa Hüft-Endoprothesen, Stents, Aortenklappenersatz oder Fixateur externe. Zu den aktiven Implantaten zählen neben Herzschrittmachern und Defibrillatoren zum Beispiel Eventrekorder, Medikamentenpumpen, Neurostimulatoren oder motorisierte Wachstumsendoprothesen.

Von Implantaten ausgehende Risiken

Elektrische Leitfähigkeit des Implantatmaterials

  • Kunststoffe wie Silikon oder Polyetheretherketon (PEEK) sind nicht elektrisch leitend; Implantate, die ausschließlich aus solchen Materialien bestehen, können als „MR-sicher“ angesehen werden.
  • Metalle, aber auch Kohlefasern sind elektrisch leitend; die daraus bestehenden Implantate sind daher zu unterscheiden in „bedingt MR-sicher“ und „nicht MR-sicher“.

Ferromagnetismus des Implantatmaterials

  • Implantate aus ferromagnetischen Materialien wie Eisen, Kobalt oder Nickel sind ferromagnetisch und damit und „nicht MR-sicher“.
  • Nicht-ferromagnetisch sind Titan, Gold, Silber, Nitrinol und Kobalt-Chrom-Legierungen (CoCr) – entsprechende Implantate gelten als „bedingt MR-sicher“.
  • Medizinische Edelstahle („implant-grade“) sind zwar nicht ferromagnetisch, können sich aber durch mechanische Einwirkungen verformen und dadurch ferromagnetisch werden. Das kann zum Beispiel beim Einschlagen einer Endoprothese geschehen.

Implantat-Länge

Lange Implantate können sich stark erwärmen und dadurch das umliegende Gewebe schädigen. Ab wann die Implantat-Länge als kritisch anzusehen ist, hängt von der Feldstärke ab: 1,5 T >> 26 cm; 3 T >> 13 cm; 7 T >> 5 cm.

„Bei der Längenbeurteilung ist immer der längste Weg zu betrachten“, warnte Krähling, daher sei jeweils von Schraubenspitze zu Schraubenspitze zu messen.

Zusätzliche Risiken bei aktiven Implantaten

Aktive Implantate können nach einer MRT-Untersuchung ganz oder teilweise in ihrer Funktion gestört sein. So kann es bei einem Defibrillator dazu kommen, dass er keinen Warnton mehr abgibt, wenn seine Batterie erschöpft ist. Noch gravierender sind Fehlfunktionen mit patientengefährdenden Auswirkungen, wie zum Beispiel fehlerhafte Medikamentenabgabe oder Störungen in der Sensorik von Insulinpumpen. Daher ist nach der Untersuchung unbedingt eine Funktionsprüfung des aktiven Implantats durchzuführen.

Notwendige Unterlagen für die Implantat-Prüfung

Implantatpässe sind zwar ganz gut, aber häufig nicht vollständig ausgefüllt“, sagte Krähling. Oft sind die Operationsprotokolle hinsichtlich des implantierten Materials aussagekräftiger. Helfen kann auch der Arztbrief. Zusätzlich sind Röntgen beziehungsweise Computertomographie zur Lagebeurteilung eines Implantats hilfreich.

Die Herstellerinformationen zum Implantat sind sehr unterschiedlicher Güte. Problematisch kann die Beschaffung solcher Informationen sein, wenn es ein Hersteller nicht mehr am Markt ist. In solchen Fällen können öffentlich verfügbare Informationen hilfreich sein – Krähling empfahl insbesondere Publikationen der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA.

Schließlich muss der/die Untersuchende auch die wichtigsten Informationen zum MR-Scanner parat haben, wie etwa Gradientenspezifikationen oder den Feldverlauf.

Algorithmus für die Untersuchung von Implantaten

Krähling teilte mit den ZuhörerInnen den Algorithmus für die Untersuchung von Implantaten, wie er an der Klinik für Radiologie am Uniklinikum Münster verwendet wird.

MR-Sicherheit: Algorithmus für die Untersuchung von Schrittmachern und anderen Implantaten

Standard Operating Procedures (SOP), also vorab definierte Arbeitsanweisungen, wie in einer bestimmten Situation zu verfahren ist, gebe es an seiner Klinik nur relativ wenige. Die Risikoeinschätzung durch einen Medizinphysik-Experten sei daher in den meisten Fällen nötig. Diese/r beschaffe die Implantat-Informationen und definierten die Untersuchungsbedingungen, die schriftlich im RIS hinterlegt werden.

Handelt es sich um eine Hochrisiko-Untersuchung, ist eine Verständigung zwischen Radiologie und anforderndem Arzt/Ärztin nötig, ob eine alternative Untersuchungsmethode in Betracht kommt, oder ob zusätzliche Untersuchungsbedingungen die MRT trotz Implantats möglich machen können.

Möglichkeiten zur Risikominimierung

Für MRT-Untersuchungen mit einem erhöhten Implantat-bedingten Risiko gilt:

  • Grundsätzlich Herstellerangaben berücksichtigen
  • Maximal normaler Betriebsmodus mit einer Ganzkörper-SAR (spezifische Absorptionsrate) von höchstens 2W /kg Körpergewicht

Bei langen Implantaten mit Erwärmungsrisiko gibt es diese Optionen zur Risikoreduktion:

  • Ganzkörper-SAR deutlich reduzieren (z.B. 0,1 W/kg) und zusätzliche Pausen einlegen
  • Untersuchungsprotokoll abspecken
  • Speziell optimierte Sequenzen und Protokolle definieren
  • Sende- und Empfängerspulen wählen, die sehr eng am Untersuchungsbereich dran sind und das Implantat nach Möglichkeit ausschließen

Bei der PatientInnen-Lagerung ist Haut-zu-Haut-Kontakt zu vermeiden, um keine Verbrennungen zu riskieren.

Weitere Hinweise zum sicheren Umgang mit Implantaten

Konsensus-Paper Herzschrittmacher und ICD – Zur MR-Sicherheit von Herzschrittmachern und Defibrillatoren (ICD) haben viele Hersteller so genannte Look-Up-Tools. Sollte ein System vom Hersteller nicht für MRT-Untersuchungen freigegeben sein, aber keine alternative Bildgebung möglich sein, empfiehlt sich ein Blick in das Konsensus-Papier von 2017 „MR-Untersuchungen bei Patienten mit Herzschrittmachern und implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG).

Elektroden und Impulsgeber von unterschiedlichen Herstellern – Wenn das Aggregat ausgetauscht wurde, aber die Elektroden verblieben sind, hat man es mit zwei Systemen zu tun, warnte Krähling. „Wenn die Elektroden und Impulsgeber von unterschiedlichen Herstellern stammen, kann es an den Anschlussstellen heiß werden“, ergänzte der Moderator Harald Kugel, Krählings Kollege am Uniklinikum Münster. „Freiliegende Drähte können viel heißer werden als ein vollständiges System mit Impulsgeber.“

Fixateur externe – oft sind die Komponenten nicht vollständig in den Unterlagen dokumentiert. Die Prüfung auf MR-Eignung ist dann nur direkt am Patienten möglich. Potenzielle Risiken der oft karbonbasierten Werkstoffe im Zusammenhang mit der Länge der Bestandteile sind die Stimulation peripherer Nerven, Funkenbildung an den Stabenden und Erwärmung an den Fixationspunkten.

Piercings – wenn eine Piercing oder ähnlicher Körperschmuck nicht abnehmbar ist und keine Kenntnisse über die Material-Zusammensetzung vorliegen, lässt sich mit einem einfachen Magneten testen, ab das Material ferromagnetisch ist. Ein einzelnes Piercing, das nicht gerade im Untersuchungsbereich liegt, muss nicht dazu führen, dass die Untersuchung abgelehnt wird, so Krähling.

Referenzen

Sommer T et al.
MR-Untersuchungen bei Patienten mit Herzschrittmachern und implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren – Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG).
Der Kardiologe 2017, published online 15. Feb 2017

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