RöKo 2023 – Herz-CT als Kassenleistung

RöKo 2023 – Herz-CT als Kassenleistung

Die koronare CT-Angiographie wird in Deutschland Kassenleistung. Aus jedem Befund muss hervorgehen: Liegt eine KHK vor, und wie sieht das kardiovaskuläre Risiko aus? Das Befunden selbst bleibt eine rein radiologische Aufgabe, so Jörn Sandstede beim RöKo 2023.

  • Präsentationstag:
    18.05.2023 6 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Jörn Sandstede, Radiologische Allianz Hamburg
  • Quelle:
    RöKo 2023

Koronare CTA als Kassenleistung: Zeitplan

Zur koronaren CT-Angiographie (cCTA) bei Patient:innen mit Verdacht auf chronische KHK hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Beratungsverfahren eingeleitet. Im Februar 2024 dürften die Voraussetzungen für die Vergütung der Herz-CT erfüllt sein, erwartet Jörn Sandstede, Hamburg.

Im vorläufigen Bericht des IQWiG – die finale Version wird für Ende Mai 2023 erwartet – werden der cCTA klare Vorteile gegenüber etwa dem Belastungs-EKG oder der Stress-Echohardiographie zugeschrieben. Denn invasive Diagnostik zum KHK-Ausschluss wird nach cCTA weniger oft eingesetzt, und auch für ein geringeres Auftreten von Herzinfarkten gibt es Anzeichen. „Die kardiale CT wird Kassenleistung werden“, so Sandstede.

Koronare CTA: Leitlinien

In den Leitlinien hat die cCTA in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Sowohl in der Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische KHK“ (derzeit in Überarbeitung) als auch in den Guidelines der European Society of Cardiology (ESC) von 2019 spielt die Pretest-Wahrscheinlichkeit eine zentrale Rolle bei der Entscheidung, wer eine cCTA erhalten soll. Die Pretest-Wahrscheinlichkeit lässt sich einfach anhand von drei Parametern ausrechnen, so Sandstede: Geschlecht, Alter und Klinik.

Nach den ESC-Guidelines wird für Patient:innen mit Thoraxschmerz/Dyspnoe und Verdacht auf chronisches Koronarsyndrom eine cCTA empfohlen, wenn sie eine Pretest-Wahrscheinlichkeit von 15-50% haben. „43 Prozent dieser Gruppe bekämen dann eine Herz-CT“, so Sandstede. Bei niedrigerer Pretest-Wahrscheinlichkeit (<15%) erfolgt nach den Guidelines eine kardiologische Basis-Diagnostik.

„Die CT ist der Gatekeeper für Ausschluss beziehungsweise Diagnose der KHK“, sagte Sandstede.

Die DEGAM, die die deutschen Allgemeinmediziner vertritt, hat einen Algorithmus aus fünf Fragen formuliert, den Marburger Herz-Score. An dessen Ende steht die Entscheidung über ambulante KHK-Diagnostik. „Und ‚Ambulante Diagnostik’ – das sind wir Radiologen, nicht die Kardiologen“, betonte Sandstede.

Herz-CT: Versorgung in Deutschland

Der aktuelle Versorgungsatlas für Deutschland umfasst die Jahre 2013 bis 2021. Er zeigt: Die KHK-Inzidenz ist etwas rückläufig, aber die KHK bleibt die bedeutendste Einzelerkrankung.

Die Zentren, die eine Herz-CT durchführen, sind gut über Deutschland verteilt – Ausnahme sind Teile Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns. Die Unterversorgung dort gilt allerdings auch für andere Disziplinen, ist also keine Besonderheit der Radiologie.

Auch die Q1- und Q2-Zertifizierungen der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der DRG sind gut über Deutschland verteilt. „Die Zertifizierung Q1 und Q2 lohnt sich, ebenso die Zentrenbildung“, empfahl Sandstede den anwesenden Radiolog:innen.

Die erforderlichen Qualitätsstandards sind klar definiert in der Leitlinie der Bundesärztekammer. „Ein Gerät mit 64 Zeilen reicht, ein High-End-Scanner ist für die Herz-CT nicht nötig“, so Sandstede.

Als weitere Quelle zu den Qualitätsstandards empfahl er das Positionspapier von DRG und BDR (Berufsverband Deutscher Radiologen). Es gibt auch Empfehlungen zum Umgang mit extrakardialen Befunden: „Extrakardiale Befunde sind radiologische Kernkompetenz“, betonte Sandstede, „aber darauf lassen wir uns nicht reduzieren, wir behalten das ganze Bild im Blick.“

Aufgaben: KHK-Ausschluss und Risiko-Einschätzung

  • Primäre Aufgabe der cCTA ist es, eine KHK auszuschließen oder zu sichern und in Grenzfällen Empfehlungen für die weitere Abklärung zu geben.
  • Zweite Domäne der cCTA ist es, kardiovaskuläre Risiken einzuschätzen, um auf dieser Basis über präventive Therapien zu entscheiden.
  • Aus jedem cCTA-Befund muss also hervorgehen: Liegt eine KHK vor, und wie sieht das kardiovaskuläre Risiko aus?

Für die Befundung steht CAD-RADS™ 2.0 zur Verfügung. Das System beruht auf dem Stenosegrad und bezieht in der neuen Fassung von 2022 auch die Quantifizierung der Plaquelast (P1 bis P4) mit ein.

Damit geht die Bedeutung der cCTA über die reine KHK-Diagnostik hinaus: „Aus unseren Befunden ergeben sich Empfehlungen, und die müssen wir auch explizit mit reinschreiben“, so Sandstede. Dies schließt das Formulieren von Therapieempfehlungen ausdrücklich mit ein.

Fazit: Befunden ist radiologische Kernkompetenz

  • Die Radiologie in Deutschland ist bereit für eine flächendeckende Versorgung mit radiologischer Herzdiagnostik in Deutschland.
  • Was an Kernpunkten noch zu klären sein wird: eine angemessene Vergütung. Wer macht die Untersuchung und wer weist zu?
  • „Gemeinsame Befundbesprechungen: ja“, so Sandstede, „aber der Befund selbst ist eine rein radiologische Aufgabe.“

Referenzen

Cury RC et al. CAD-RADS™ 2.0 – 2022 Coronary Artery Disease – Reporting and Data System An Expert Consensus Document of the Society of Cardiovascular Computed Tomography (SCCT), the American College of Cardiology (ACC), the American College of Radiology (ACR) and the North America Society of Cardiovascular Imaging (NASCI). Radiology: Cardiothoracic Imaging 2022;4(5).

Knuuti J et al. ESC Scientific Document Group. 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of chronic coronary syndromes. Eur Heart J. 2020 Jan 14;41(3):407-477. Erratum in: Eur Heart J. 2020 Nov 21;41(44):4242.

Langenbach MC et al. Positionspapier von DRG und BDR zur Computertomographie des Herzens: Klinische Evidenz und Versorgungsqualität beim chronischen Koronarsyndrom. Radiologie 2023 Feb;63(Suppl 1):1-19.

Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik
www.bundesaerztekammer.de

Zertifizierungsoffensive Herzbildgebung der AG Herz- und Gefäßdiagnostik der DRG
www.ag-herz.drg.de

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